„Kannst du für meine Schwester beten?“, fragte der stämmige Arbeiter. Ich sah ihn misstrauisch an.
Monate vorher hatte die schwüle Augusthitze die Emotionen in der Fabrik, in der ich den Sommer über arbeitete, hoch kochen lassen. Die Manager wollten die Produktionsgeschwindigkeit ankurbeln. Die Gewerkschaft widersetzte sich. Es drohte ein Streik. In den Pausen erklärten uns Gewerkschaftler, wie wir langsamer arbeiten konnten. Durch meinen Glauben und Idealismus war ich in Ungnade gefallen, denn ich wollte für Gott doch mein Bestes geben. Naiv hatte ich das den anderen zu erklären versucht.
Die Kollegen ließen mich spüren, was sie von mir hielten, und der Mann, der jetzt vor mir stand, war ihr Anführer gewesen. Jeder ungeliebte Auftrag landete bei mir. Ich wurde zur Zielscheibe zweideutiger Witze.
Deshalb begegnete ich seiner Bitte mit einem gewissen Misstrauen. „Wieso ich?“ Seine Antwort erschütterte mich. „Weil sie Krebs hat“, erwiderte er rau, „und ich brauche jemand, den Gott hört.“ Der Groll zwischen uns schwand, als ich für seine Schwester betete.
Wie der Hauptmann in Lukas 7 wollen Menschen mit Problemen nicht viel Zeit oder Worte verlieren. Sie gehen direkt zu denen, deren Glauben sie als echt erkannt haben. Wir sollten solche Menschen sein. Bist du jemand, zu dem man gehen kann, weil er Verbindung zu Gott hat?