Mir wurde übel, als ich in einem Seminar reale Geschichten über geistlichen, körperlichen und sexuellen Missbrauch hörte. In einem Fall von emotionalem Missbrauch lobte ein Leiter neue Teammitglieder zunächst überschwänglich und machte ihnen viele Zugeständnisse, ließ sie sich dann aber durch geistliche Manipulation bis zur Erschöpfung überarbeiten. Dann entzog er ihnen seine Zuwendung, verspottete sie oder demütigte sie öffentlich wegen kleiner Fehler. Weil der Pastor so beliebt war, dauerte es Jahre, bis die Teammitglieder sein Verhalten als Missbrauch erkannten.

Wenn christliche Führungskräfte uns missbrauchen, zerkratzt das unsere Seelen und unser Vertrauen wird erschüttert. Wir fragen uns: „Wo ist Gott in dieser Sache?“ Im Buch Hesekiel reagiert Gott mit Zorn auf missbräuchliche Leiter: „Den Hirten von Israel, die nur für ihr eigenes Wohl sorgen, wird es schlecht ergehen“ (V. 2). Diese schlechten Hirten beuten die Herde aus Eigennutz aus (V. 3), herrschen „mit Gewalt und Grausamkeit“ (V. 4) und vernachlässigen die „Schwachen“ (V. 4). Sie verhalten sich genau wie der missbräuchliche Pastor, von dem ich gehört hatte. Als Reaktion darauf will Gott „gegen diese Hirten vorgehen“ (V. 10).

Wann immer wir von geistlichem Missbrauch hören, ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass Gott das Gegenteil eines Missbrauchers ist. Gott beutet uns nie aus, sondern kümmert sich um uns (V. 12) und wird „das Verletzte verbinden“ (V. 16), damit wir uns „lagern“ und ausruhen können (V. 14). Der ultimative gute Hirte war Jesus selbst (Johannes 10,11), der alles für uns gegeben hat. Auch wenn christliche Führer uns im Stich lassen, Gott wird es nie tun.