Gefiltertes Licht
Das Gemälde Ein Lichtstrahl von Bob Simpich, einem Künstler aus Colorado Springs, zeigt einen Wald von Zitterpappeln in der goldenen Herbstsonne. Die obersten Blätter strahlen und leuchten, während sich auf dem Boden zwischen den Bäumen Licht und Schatten abwechseln. Der Maler sagte über diesen Kontrast: „Ich konnte dem Licht, das auf den Waldboden gefiltert wurde, nicht widerstehen. Es übt einen ganz speziellen Zauber aus.“
Neuanfang
In vielen Ländern verbieten Gesundheitsgesetze den Verkauf oder Gebrauch alter Matratzen. Sie müssen auf die Müllkippe. Tim Keenan wollte sich damit nicht abfinden. Heute sind in seinem Betrieb ein Dutzend Leute damit beschäftigt, die Bestandteile alter Matratzen voneinander zu trennen und nach Metall, Textil und Schaumstoff zu sortieren. Aber das ist noch nicht alles. In einem Zeitungsartikel heißt es: „Von allen Dingen, die Keenan recycelt ... sind die Menschen vielleicht sein größter Erfolg.“ Keenan stellt Männer aus Kneipen und Obdachlosenheimen an, um ihnen Arbeit und eine zweite Chance zu geben. Er sagt: „Wir nehmen Typen, die sonst keiner will.“
Notventil des Geistes
Im März 2011 wurde Japan von einem gewaltigen Tsunami heimgesucht, der an der Küste Städte und Dörfer zerstörte und fast 16‘000 Menschenleben forderte. Gretel Erlich, eine amerikanische Schriftstellerin und Dichterin, besuchte Japan, um sich ein Bild der Lage zu machen und darüber zu schreiben. Als sie spürte, dass ihr die Worte fehlten, um in angemessener Form über das Gesehene zu berichten, schrieb sie ein Gedicht. In einem Radio-Interview sagte sie: „Mein verstorbener Dichterfreund William Stafford hat einmal gesagt: ‚Ein Gedicht ist ein Notventil des Geistes.‘“
Liebster Jesus
Charles Wesley (1707-1788) war ein Methodistenprediger, der über 9000 christliche Lieder und Gedichte schrieb. Manche wie „Mein Mund besinge tausendfach“ sind Loblieder voller Jubel. Daneben steht aber zum Beispiel auch ein schlichtes Kindergebet, das er 1742 verfasste: „Liebster Jesus, sanft und lind.“ Darin hat er meisterlich zusammengefasst, wie wir alle den Herrn in einfachem, echtem Glauben suchen sollten.
Ich will singen
Als ich einen Bekannten fragte, wie es seiner Mutter gehe, erzählte er, dass sie dement sei und sich an viele Namen oder Ereignisse aus der Vergangenheit nicht mehr erinnern könne. „Aber wenn sie sich ans Klavier setzt“, sagte er, „kann sie immer noch die schönsten Lieder ohne Noten aus dem Gedächtnis spielen.“
Geistlicher Kompass
Die Seefahrer früherer Zeiten hatten ein Problem. Ob sie sich südlich oder nördlich des Äquators befanden, konnten sie an der Länge der Tage oder dem Stand der Sonne bestimmen. Doch auf welchem Längengrad ihre Position war, war nur sehr schwierig und äußerst ungenau zu berechnen, bevor der englische Uhrmacher John Harrison den Chronometer erfand, eine Präzisionsuhr, die die Zeit aus dem Heimathafen in jeden fernen Winkel der Welt brachte und den Seeleuten ermöglichte, ihren Längengrad zu bestimmen.
Alles zuviel
Eine alte Redensart sagt: „Beiß nicht mehr ab, als du kauen kannst.“ Es ist nicht klug, mehr Aufgaben zu übernehmen, als man erledigen kann. Es wird jedoch immer Zeiten geben, in denen wir uns von der Größe und Schwierigkeit einer angenommenen Aufgabe überfordert fühlen.
Leben spendender Regen
Im heißen August des Jahres 1891 kam R. G. Dyrenforth nach Texas, um Regen vom Himmel zu holen. Mit seinem Team schickte der Sprengexperte riesige, mit entzündlichen Gasen gefüllte Ballone in den Himmel und brachte sie dort zum Explodieren; er schoss Kanonen ab und sprengte am Boden haufenweise Dynamit. Er setzte buchstäblich Himmel und Erde in Bewegung. Manche meinen, es hätte ein paar Tropfen geregnet. Die meisten sagten jedoch, Dyrenforth habe nur Lärm produziert. Die Explosionskraft war beeindruckend, aber wirkungslos.
Gottes Weg suchen
Am 6. Mai 1994 wurde der Tunnel unter dem Ärmelkanal eröffnet, fast zweihundert Jahre nachdem Albert Mathieu, ein Ingenieur Napoleons, ihn 1802 zum ersten Mal vorgeschlagen hatte. Heute nutzen Tausende von Menschen, Autos und Lastwagen täglich die rund 50 Kilometer lange Zugverbindung zwischen England und Frankreich. Jahrhunderte lang musste der Kanal mit dem Schiff überquert werden, bis der Weg unter dem Meer endlich fertig gestellt war.
Mutig und konsequent
Beim Lesen des Nachrufs auf Eugene Patterson, Pulitzerpreisträger und von 1960 bis 1968 Herausgeber einer Zeitung in Atlanta, fielen mir zwei Dinge auf. Zum einen erhob er seine Stimme furchtlos für die Rechte der Bürger in einer Zeit, als viele gegen eine Gleichstellung der Rassen waren. Außerdem schrieb er acht Jahre lang jeden Tag eine Zeitungskolumne. Tag für Tag, Jahr für Jahr. Das sind insgesamt 2922 Kolumnen! Mut und Ausdauer waren die Faktoren, die sein Leben bestimmten.
Die Namen der Sterne
Auf einem Plateau hoch über der Atacama-Wüste in Chile steht das größte Radioteleskop der Welt und schenkt den Astronomen eine Sicht auf das Universum wie nie zuvor. In einem Presseartikel berichtete der Verfasser, wie Wissenschaftler aus vielen verschiedenen Ländern „nach Hinweisen auf die Entstehung des Kosmos suchen – von den kältesten Gasen und dem Staub, aus dem die Galaxien entstanden und Sterne geboren wurden, bis zu der Kraft, die den Urknall auslöste“.
Echte Treue
Bislang wurden weltweit rund 14 Billionen Vielflieger-Meilen gesammelt. Anfang der 1980er Jahre begann die ersten Fluggesellschaften, entsprechende Programme zu lancieren, um Kunden an sich zu binden, indem sie sie für ihre Treue belohnten. Die gesammelten Meilen konnten in Reisen, Waren oder Dienstleistungen eingelöst werden. Es dauerte nicht lange, bis die Leute bei der Reiseplanung nicht nur Preis oder Fahrplan in Betracht zogen, sondern auch, was für sie persönlich dabei heraussprang.
Kein Stoppschild
Die Vergangenheit soll uns Wegweiser sein, nicht Stoppschild. Wir bleiben leicht bei den Erinnerungen an „die gute alte Zeit“ hängen, anstatt unsere Erfahrung zu nutzen, um den Weg vor uns zu erkunden. Wir alle sind anfällig für die lähmende Wirkung der Nostalgie – der Sehnsucht nach dem, was einmal war.
Fokussiert arbeiten
In einem Buch über das Schreiben heißt es, viele Autoren würden unter „der Tyrannei des Endprodukts“ leiden. Sie seien so damit beschäftigt, ihren Artikel oder ihr Buch zu verkaufen, dass sie darüber versäumen zu lernen, wie man denkt, plant und organisiert. Doch wenn „der Autor, den Blick auf die Ziellinie gerichtet, nie darüber nachdenkt, wie man das Rennen gestaltet“, so der Verfasser, kann nichts Vernünftiges herauskommen.
Vom Meister restauriert
Im Lauf der Jahrhunderte hat es schon viele Versuche gegeben, beschädigte und vom Zahn der Zeit in Mitleidenschaft gezogene Kunstwerke zu restaurieren. Manche haben das Original wieder meisterhaft zum Vorschein gebracht. Andere haben den Werken weiteren Schaden hinzugefügt. Das gilt etwa für viele griechische Statuen und für mindestens zwei Gemälde von da Vinci.