Ich habe einen guten Bekannten, mit dem ich ab und zu angeln gehe. Er ist ein sehr bedächtiger Mensch. Wenn er seine Stiefel angezogen und die Ausrüstung zusammengesucht hat, setzt er sich auf die Ladeklappe seines Wagens und beobachtet 15 Minuten oder länger, wo sich im Fluss Fische zeigen. „Du musst nicht angeln, wo keine Fische sind“, sagt er. Von Jesus heißt es, er war „ein Freund der Zöllner und Sünder“ (Luk. 7,34). Als Christen sollen wir uns in unserem Verhalten

von der Welt unterscheiden, aber in der Welt sein, wie er es war. Wenn ich nur gläubige Freunde habe, dann fische ich vielleicht nach Seelen, wo gar keine sind.

Mit Ungläubigen zusammensein ist der erste Schritt zum „Fischen“. Dann kommt die Liebe — eine Herzensgüte, die hinter die Fassade blickt und auch den tieferen Schrei hört. Sie fragt: „Kannst du mir mehr davon erzählen?“ und zeigt Anteilnahme. „In seiner Freundlichkeit ist viel Predigt“, hat Pastor George Herbert (1593–1633) gesagt.

Solche Liebe ist kein natürlicher Instinkt. Sie kommt allein von Gott. Und deshalb beten wir: „Herr, wenn ich heute mit Nichtchristen zusammen bin, dann lass mich die freudlose Stimme, das müde Gesicht, die niedergeschlagenen Augen erkennen, die ich in meiner natürlichen Ich-Bezogenheit so leicht übersehe. Schenk mir Liebe, die aus deiner Liebe strömt und in ihr wurzelt. Lass mich heute anderen zuhören, deine Liebe zeigen und deine Wahrheit reden.“