An einem Augustabend sprach ein junger Missionar in unserer kleinen Gemeinde in Vermont. Im Land, in dem er mit seiner Frau im Einsatz stand, herrschten religiöse Konflikte und es galt als zu gefährlich, dort mit Kindern zu leben. Er erzählte unter anderem eine herzerweichende Episode von seiner Tochter, wie sie ihn einmal angefleht hatte, sie nicht im Internat zurückzulassen.

Ich war damals gerade selbst Vater einer Tochter geworden und die Geschichte ärgerte mich. „Wie können gute Eltern ihre Tochter einfach so allein lassen?“, murmelte ich vor mich hin. Bis die Veranstaltung zu Ende war, hatte ich mich in eine solche Wut hineingesteigert, dass ich das Angebot, mit dem Missionar zu reden, ausschlug und stattdessen schnurstracks die Kirche verließ und dabei laut vor mich hin sagte: „Zum Glück bin ich nicht so wie …“

Aber ich brachte den Satz nicht zu Ende, sondern fühlte mich vom Heiligen Geist auf frischer Tat ertappt. Waren das nicht dieselben Worte, die der Pharisäer zu Gott gesagt hatte: „Ich danke dir, dass ich nicht bin wie die anderen“ (Luk. 18,11)? Ich war enttäuscht von mir! Und wie enttäuscht musste Gott erst sein! Seit diesem Abend bitte ich Gott, mir zu helfen, dass ich anderen demütig und mit innerer Zurückhaltung zuhören kann, wenn sie ihr Herz ausschütten und auch schmerzliche Dinge bekennen.